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In den verschiedensten Artikeln haben wir schon darübergeschrieben, dass die Verabreichung von Wirkstoffen über ein transdermales Pflaster (TTS) eine sinnvolle Alternative zu den oralen Verabreichungswegen von Medikamenten sein können. Verbreitet sind transdermale Pflaster vor allem zur Behandlung von chronischen Krankheiten im Bereich des zentralen Nervensystems wie z.B. zur Behandlung von Alzheimer, Parkinson oder Schmerz.

„Stiefkind“: psychiatrische Erkrankungen

Für Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen gab es bislang nur wenige transdermale Behandlungen. Dabei haben viele Patienten Bedürfnisse, die durch die Vorteile transdermaler Behandlungen berücksichtigt werden könnten, wie z.B. eine geringere Häufigkeit der Einnahme ihrer Medikamente, eine wirksame Kontrolle des Plasmaspiegels oder eine verbesserte Verträglichkeit, wie z.B. durch die Vermeidung eines First-Pass-Effekts (Umwandlung eines Arzneistoffes während dessen erster Passage durch die Leber).
Für Ärzte ist die Möglichkeit, die Compliance (Therapietreue) visuell zu überprüfen, eine große Hilfe bei der Behandlung ihrer Patienten.

Welche Pflaster gibt es bereits?

Ein transdermales Methylphenidat-System war das erste Pflaster, das von der FDA (U.S. Food and Drug Administration) für ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) bei Kindern und Jugendlichen in den USA zugelassen wurde (2006). Vorteil des Pflasters: Eltern bzw. Pflegepersonal können das Pflaster so verabreichen, dass das Medikament während der Zeit, in der die Kinder in der Schule oder bei Hausaufgaben besonders aufmerksam sein müssen, ohne Unterbrechung wirkt. Es kann jederzeit entfernt und somit die Behandlung abgebrochen werden.
2006 wurde in den USA auch ein Selegeline Pflaster von der FDA für die Behandlung schwerer depressiver Erkrankungen zugelassen. Selegeline gehört zu der Gruppe der Monoamin-Oxidase-Hemmer (MAOI). Bei der Einnahme von Medikamenten aus dieser Gruppe muss man auf seine Ernährung achten, da Lebensmittel wie Käse, Tofu o.a. gefährliche Nebenwirkungen auslösen können. In einer klinischen Studie stellte man dann fest, dass transdermal verabreichtes Selegeline ein besseres Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil hatte als orale MAOI (1).

NEU: Blonanserin

Aktuell haben gleich zwei neue Pflaster zur Behandlung von psychiatrischen Krankheiten eine Zulassung erhalten.
In Japan ist es das Blonanserin Pflaster zur Behandlung von Schizophrenie. Es wird einmal täglich angewendet und soll besonders geeignet sein für Menschen mit Schluckbeschwerden oder Menschen mit unregelmäßiger Nahrungsaufnahme, da Lebensmittel eine ausgeprägte Wirkung auf die Bioverfügbarkeit (Menge des Wirkstoffs, der im Blut verfügbar ist) von Blonanserin haben (2).

NEU: Asenapin

In den USA wurde ein Asenapin Pflaster zugelassen. Asenapin ist ein atypisches Antipsychotikum. Asenapin-Tabletten sind aufgrund eines hohen First-Pass-Effekts beim Schlucken unwirksam. Der Wirkstoff wird in der Leber verstoffwechselt und wirkt dann nicht mehr. Es gibt den Wirkstoff daher bislang nur in Form einer Sublingualtablette. Bei der Verabreichung von Asenapin über den sublingualen (unter die Zunge gelegt) Weg treten allerdings mehrere Schwierigkeiten auf: es kann u.a. zu Geschmacksstörungen und Mundtaubheit kommen oder die Asenapin-Tabletten werden versehentlich verschluckt und wirken daher nicht. Aus diesem Grund soll nach der Einnahme der Sublingualtablette für mindestens 10 Minuten auf Essen und Trinken verzichtet werden. Die Notwendigkeit einer zweimal täglichen Verabreichung stellt eine weitere Herausforderung sowohl für Patienten als auch für das Pflegepersonal dar. Das 1-Tages Asenapin Pflaster verspricht also einige dieser Probleme allein durch die alternative Darreichungsroute zu beheben.

Einen interessanten (englisch sprachigen) Podcast zu diesem Thema finden Sie übrigens hier:
Transdermal Patches in Psychiatry: Interview with Dr. Leslie Citrome.

Auch LTS forscht im Gebiet transdermale Pflaster für psychiatrische Erkrankungen. So arbeiten wir an einem Asenapin Pflaster, das bei erfolgreicher Entwicklung nur 2 Mal wöchentlich angewendet werden müsste. Wir hoffen, dadurch die Therapie noch komfortabler zu machen.

Quellen:
(1) Citrome L, Goldberg JF, Portland KB. Placing transdermal selegiline for major depressive disorder into clinical context: number needed to treat, number needed to harm, and likelihood to be helped or harmed. J Affect Disord. 2013; 151(2):409 – 417.
(2) Eur J Clin Pharmacol. 2010 Sep; 66(9): 899-902. doi: 10.1007/s00228-010-0834-1. Epub 2010 May 20. Effect of dose timing in relation to food intake on systemic exposure to blonanserin.

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