Alternative Kunst im Ludwig Museum
© Lieselotte Sauer-Kaulbach

Auch das ist ein kultureller Pluspunkt für Andernach: Es liegt mittendrin zwischen Bonn und Koblenz und kann so gleich eine ganze Auswahl an schnell erreichbaren Museen bieten. Eines davon ist das Ludwig Museum in Koblenz, seit 1992 ansässig an einem geschichtsträchtigen Ort, im Deutschherrenhaus. Das ehemalige Komturhaus ist das einzige Gebäude der Niederlassung der 1216 von Erzbischof Theodorich von Wied nach Koblenz gerufenen Ritter des Deutschen Ordens, das nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wiederaufgebaut wurde.

Das Ludwig Museum in Koblenz

Die Geschichtsträchtigkeit macht es Prof. Dr. Beate Reifenscheid, seit 1997 Leiterin des Museums, nicht immer ganz einfach; die Ausstellungsfläche auf den vier zur Verfügung stehenden Stockwerken ist begrenzt. Bei fünf bis sechs – überhaupt nur mit Unterstützung durch die Ludwig Stiftung möglichen – Wechselausstellungen bleibt nicht viel Platz für die dauerhafte Präsentation der eigenen Sammlung. Dabei lässt gerade die noch besonders deutlich die ursprüngliche, auf den Museumsgründer und -stifter Peter Ludwig verweisende Konzeption des Museums erkennen. Der sah hier, in unmittelbarer Nähe zum Deutschen Eck, auf dem seit 1993, nach langen Diskussionen, wieder martialisch Kaiser Wilhelm I. hoch zu Ross reitet, den passenden Ort für ein Museum, das sich vor allem den deutsch-französischen Beziehungen in der Gegenwartskunst nach 1945 widmen sollte.

Dauerausstellungen im Ludwig Museum

Entsprechende Schenkungen bzw. Dauerleihgaben der Peter und Irene Ludwig-Stiftung stellen den Löwenanteil der Dauerausstellung, geben einen konzentrierten Einblick in die französische Kunst bis zur Gegenwart. Vertreten sind einige der großen Namen der Klassischen Moderne wie der Kubist Pablo Picasso, Jean Dubuffet, der Vater der art brut, und Serge Poliakoff, einer der wichtigsten Vertreter der Nouvelle École de Paris. Besondere Akzente setzen Werke der „Nouveaux Réalistes“ und der dem Neo-Expressionismus nahen Bewegung „Figuration libre“.
Einer der bedeutendsten Bildhauer des „Nouveau Réalisme“ war der 1921 in Marseille geborene, 1998 in Paris gestorbene César Baldaccini, bekannt geworden schlicht als „César“. Sein hoch aufgerichteter, nach dem eigenen Finger geformter bronzener Daumen, „Le Pouce“, in verschiedenen Größen und Materialien auch auf der documenta IV in Kassel zu sehen, zählt seit langem nicht nur zu den meistfotografierten Objekten des musealen Skulpturenparks im Blumenhof. Spröder, aber kaum minder beliebt ist der 2011 vor dem Durchgang zum Museum aufgestellte, schwungvoll-monumentale „arc“, der „Bogen“ Bernar Venets, Jahrgang 1941. Die aus einem Bündel von Stahlbarren geschaffene Plastik verrät die Liebe des Künstlers zu betont kruden Materialien, aber auch seine Konzentration auf das Arbeiten mit der Linie.

Asiatische Kunst

Sie, die Linie, steht gleichfalls im Zentrum des Schaffens von Nam Tchun Mos, das unübersehbar geistverwandt ist den nichtgegenständlich, dazu überwiegend monochrom arbeitenden koreanischen Künstlern, die sich in den 1970er Jahren zu einer losen, „Dansaekhwa“ genannten Gruppierung formierten. Auch Nam Tchun Mo, 1961 in Daegu geboren, arbeitet ausschließlich nichtgegenständlich und regelrecht geizig mit Materialien und Farben. Am Anfang stehen von der Linie lebende Zeichnungen; seit einigen Jahren konzentriert sich der Künstler zunehmend auf den Versuch, der Linie räumliche Gestalt zu verleihen, in installativen Wand- oder Bodenobjekten.
Die eingesetzten Mittel bleiben einfach, hauchdünnes Leinen, das mit Kunstharz getränkt und über Holzleisten, -fässer oder -stämme Form gewinnt, die schwarze Linien noch akzentuieren. Das wirkt, trotz der beeindruckenden Dimensionen der Objekte, teilweise äußerst fragil. Dem entspricht, wenn Nam Tchun Mo sagt, er wolle mit seinen Arbeiten einem zarten Duft Gestalt verleihen, dessen Flüchtigkeit er mit der Transparenz seiner Farben zu erfassen versuche. Mit Kunstwerken, die Bild und Skulptur, flächig und räumlich sind, „Gestures in Space“, so auch der Titel der Ausstellung.

Internationaler Vorreiter

Sie dokumentiert, wie zahlreiche Ausstellungen der letzten zwei Jahrzehnte, dass sich das Ludwig Museum zeitgemäß eher global ausgerichtet hat. Ein Schwerpunkt des Ausstellungsprogramms liegt dabei auf der zeitgenössischen Kunst Asiens, besonders der Chinas. Hier, bei der Präsentation der Werke aktueller chinesischer Künstler*innen, war das Museum im Deutschherrenhaus auch international einer der Vorreiter.

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Bildquelle: Lieselotte Sauer-Kaulbach