
Unser kleines, aber feines Andernach hat viel mehr zu bieten, als man meint.
Vielleicht kommt einem erstmal Charles Bukowski als Andernacher Celebrity in den Sinn, aber es gibt da auch noch eine ganz besondere Frau: es ist Therese Nagai-Schumacher (1863 – 1924), geboren als Therese Schumacher und Tochter eines wohlhabenden Kohlen- und Baustoffhändlers in der Kölner Straße in Andernach direkt am Rhein.
Ihre interkulturelle Liebesbeziehung zu dem japanischen Chemiker und Pharmakologen Nagayoshi „Wilhelm“ Nagai war ein Meilenstein im Sinne der Völkerverständigung.
Einige Basics zu Nagayoshi Nagai
Nagai (1845 – 1929) war er erste japanische Student, der von der Regierung zu Studienzwecken nach Deutschland entsandt wurde. Aus großer Verehrung für sein Gastland nannte er sich später zusätzlich „Wilhelm“.
Zum Abschluss seines Chemiestudiums 1883 in Berlin lernte er auf einer Rheinreise die 18 Jahre jüngere Therese kennen – es war für beide Liebe auf den ersten Blick. Für Nagai waren nicht ihre gesellschaftliche Stellung und ihr Wohlstand ausschlaggebend, sondern ihr außerordentlich kluger Kopf.
Zurück in Japan gelang ihm 1885 die Isolation von Ephedrin, die Grundsubstanz eines Asthma- und Hustenmittels. 1893 synthetisierte er Metamphetamin aus Ephedrin.
Eine außerordentliche Liaison
Die beiderseitige Sehnsucht war derart übermächtig, dass er 1886 wieder nach Deutschland reiste, um Therese zu heiraten, die ihm dann nach Japan folgte. Ihre Hochzeit fand im Andernacher Mariendom statt. Der wunderbare Bronzekronleuchter, der den Dom verschönert, ist die Spende eines Enkels des Ehepaares.
Seine Hingabe an Therese war so groß, dass er 13 Jahre später sogar zum Katholizismus übertrat.
Thereses Wirken und ihr Einfluss auf die japanische Gesellschaft
Therese fasste trotz Heimwehs im fernen Nippon schnell Fuß. Neben ihrer Rolle als Dreifach-Mutter unterrichtete sie in Tokyo an Schulen Deutsch, Hauswirtschaft und das Wissen über das Leben in der westlichen Gesellschaft und erhielt 1901 eine Professur für die deutsche Sprache! Nebenbei war sie Dreifach-Mutter von Alexander, Elsa und Willy. Die Namen verraten, welch perfekte deutsch-japanische Symbiose im Hause Nagai herrschte.
Das Ehepaar gründete 1901 die erste japanische Frauenuniversität und sorgte dafür, dass den Chemiestudentinnen modernste Laboreinrichtungen zur Verfügung gestellt wurde – die aus Deutschland stammten!
Deutsch-Japanische Freundschaft
Das Ehepaar setzte sich zeitlebens für den Ausbau der Freundschaft zwischen Deutschland und Japan ein, u. a. nahmen sie im Jahr 1922 Albert Einstein und seine Frau bei sich auf – Therese dolmetschte natürlich. Einsteins Mission war damals, die Aufhebung des nach dem Ersten Weltkrieg gegen Deutschland verhängten Wirtschaftsboykotts zu erwirken.
Als Therese mit nur 61 Jahren stirbt, wird sie an einem herrlich gelegenen Ort über dem Meer, mit Blick auf den Fujiyama beerdigt. Auch dort ehrt man das Andenken an eine besondere Frau auf eine ungewöhnliche Weise: ein Reliefbild des Andernacher Mariendoms und eine fast lebensgroße Marienstatue zieren ihr Grabmonument.
Welch großartige Botschafterin Therese Schumacher doch für Andernach und Deutschland gerade in diesen Zeiten war!
Andernach und die Naturwissenschaften scheinen ein besonders gutes Match zu sein: seit inzwischen mehr als 30 Jahren hat die LTS ihren Hauptsitz in Andernach, der übrigens zweitältesten Stadt Deutschlands.
WE Care.